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Achtung bei Kontaktaufnahme der Pflegekasse

Unangemessener Kontakt und Druck auf Pflegebedürftige

Pflegebedürftige und ihre Angehörigen stehen unter großem Druck, die pflegerische Versorgung zu finanzieren. Personen, die Leistungen aus der Pflegeversicherung beziehen, berichten immer häufiger von Kontaktaufnahmen ihrer Pflegekasse. Versicherte werden angerufen, vereinzelt sogar in ihrer Häuslichkeit besucht. Die Intention hinter dieser Kontaktaufnahme scheint weniger die Sorge um das Wohl der Versicherten zu sein, als vielmehr der Versuch, Kosten zu sparen. Bedingt durch ihre (finanzielle) Hilfsbedürftigkeit sind Pflegebedürftige hier anfällig.

 

 

Die ARD hat berichtet: Pflegebedürftige werden oft in zu niedrige Pflegegrade eingestuft und erhalten dadurch geringere finanzielle Leistungen. Mehr lesen.

 

 

Vorsicht bei „Empfehlungen“ der Kasse

Ein besonderes Augenmerk verdienen Fälle, in denen es um eine Änderung des Pflegegrades geht. Solche Entscheidungen haben weitreichende Folgen für die Versorgung und finanzielle Unterstützung der Betroffenen.

Hintergrund dieser Anrufe ist wahrscheinlich der finanzielle Druck, der auf den Pflegekassen lastet. Die Ausgaben für Pflegeleistungen sind hoch und steigen stetig. Durch ‚Empfehlungen‘ versuchen einige Kassen ihre Ausgaben zu Lasten der Versicherten zu senken.

Ein besonderes Augenmerk verdienen Fälle, in denen es um eine Änderung des Pflegegrades geht. Solche Entscheidungen haben weitreichende Folgen für die Versorgung und finanzielle Unterstützung der Betroffenen.

So sind etwa Fälle bekannt, in denen Pflegekassen ihre Versicherten drängten, einen Vergleich abzuschließen. Dabei wird Versicherten ein höherer Pflegegrad in Aussicht gestellt. Tatsächlich wird dieser höhere Pflegegrad aber nur für einige Zeit gewährt. Danach soll automatisch eine Rückstufung des Pflegegrades stattfinden. Zudem muss man wissen, dass der Abschluss eines Vergleichs im Widerspruchsverfahren gar nicht vorgesehen ist, sondern ein Leistungsbescheid erlassen werden muss.

Kontaktaufnahme der Pflegekasse
Vergleichsvertrag der TK Pflegeversicherung

Noch hellhöriger sollten Sie werden, wenn Vertreter der Kassen Sie zum Widerspruch befragen und etwa Aussagen tätigen wie:

  • „Sie müssen den Widerspruch zurücknehmen“,
  • „Sie können sofort einen höheren Pflegegrad erhalten. Sie müssen nur einen neuen Antrag stellen. Wir haben schon Alles fertig gemacht, aber der Widerspruch behindert die Ausgabe des höheren Pflegegrades. Das geht nicht parallel“,
  • „Wir haben uns Ihren Fall nochmal angesehen und würden Ihnen jetzt Pflegegrad 2 geben. Schauen Sie mal, da bekommen Sie 4.000 Euro für einen Badumbau. Das können Sie doch bestimmt gut gebrauchen?“ oder
  • „Können wir nicht besser ohne Anwalt sprechen?“.

 

Auf solch ein Angebot sollten Sie niemals eingehen. Teilen Sie Mitarbeitenden der Pflegekasse mit:

  • Ich äußere mich nicht telefonisch, sondern ausschließlich schriftlich oder
  • Ich äußere mich nicht. Ich habe einen Anwalt, besprechen Sie das dort.

 

Sie müssen sich vor Augen halten, dass ein Widerspruch die Pflegekasse viel Geld kosten kann. Im Erfolg muss die Pflegekasse Ihnen einerseits rückwirkend viel Geld erstatten, was sie zuvor (rechtswidrig) zurückgehalten hatte und Ihnen andererseits für die Zukunft mehr Geld zahlen. Sie müssen davon ausgehen, dass es das alleinige Ziel der Pflegekasse ist, diese rückwirkende Erstattung zu vermeiden bzw. in der Höhe zu minimieren.

 

Beispiel: Die Pflegekasse hatte Ihren Antrag auf Pflegeleistungen abgelehnt. Nicht selten erreichen unsere Kunden durch die Unterstützung unserer Partneranwälte in einer solchen Situation einen Pflegegrad 2. Die Pflegekasse muss dann 332 Euro Pflegegeld an Sie rückwirkend seit der Antragstellung erstatten; z.B. 332 Euro x 4 Monate = 1.328 Euro.
Und das ist nur ein kleiner Fall. Hätten Sie etwa Geld zur Finanzierung eines ambulanten Pflegedienst beantragt (sog. Pflegesachleistungen) müsste die Pflegekasse im selben Beispiel 3.044 Euro rückwirkend erstatten.
Wenn Sie sich jetzt vor Augen halten, dass der Zeitraum der Rückerstattung seit Antragstellung regelmäßig länger als in unserem Beispiel ist und/oder es um einen höheren Pflegegrad geht, dann bekommen Sie eine Ahnung der Dimension, um die es der Pflegekasse bei all ihren Versicherten geht.

 

Der Widerspruch ist Ihr gutes Recht, mit dem Sie um eine faire Eingruppierung kämpfen. Kein Mitarbeiter der Pflegekasse hat das Recht, Ihnen eine Rücknahme des Widerspruchs ans Herz zu legen. Das Bundesversicherungsamt hatte die Kassen bereits dazu aufgefordert, die „Rücknahme von Widersprüchen“ einzustellen (Rundschreiben vom 27.06.2018, Az. 211-4140-4292/2013).

 

 

Kritisch hinterfragen und Fachberatung suchen

Versicherte sollten jede Empfehlung der Pflegekasse kritisch hinterfragen und sich unabhängig beraten lassen, beispielsweise durch unabhängige Beratungsstellen oder Sozialverbände.

Versicherte sollten jede Empfehlung der Pflegekasse kritisch hinterfragen und sich unabhängig beraten lassen, beispielsweise durch unabhängige Beratungsstellen oder Sozialverbände. Eine Entscheidung sollte immer auf einer fachkundigen Beratung basieren und nicht unter dem Druck der Kasse erfolgen.

Gerade wenn Sie einen Anwalt beauftragt haben, der Sie entlasten und die Kommunikation mit der Kasse übernehmen soll, können Sie davon ausgehen, dass die Kasse hier zu Ihren Lasten agiert, um die Fachberatung des Anwalts zu umgehen. Per Gesetz vertritt ein Anwalt allein Ihre Interessen, die Pflegekasse tut das nicht.

Aus dem Bereich der Krankenversicherung sind unangemessene Kontaktaufnahmen bereits bekannt:

 

Das können Sie tun

Die Pflegekassen haben zweifellos eine wichtige Funktion in der Unterstützung pflegebedürftiger Menschen. Ihr Handeln sollte jedoch immer im Sinne der Versicherten und ihrer Bedürfnisse erfolgen. Unangemessene Kontaktaufnahme und der Druck, bestimmte Leistungen nicht in Anspruch zu nehmen, widersprechen diesem Prinzip.

Die Pflegekassen werden vom Bundesamt für Soziale Sicherung überwacht. Beim Bundesversicherungsamt können Sie Fehlverhalten der Pflegekassen melden an: poststelle@bas.bund.de bzw. noch genauer unter: www.bundesamtsozialesicherung.de/de/service/beschwerde-ueber-einen-sv-traeger/beschwerdeformular/

Sie können negative Erfahrungen mit Ihrer Pflegekasse auch bei der Verbraucherzentrale per E-Mail melden an: patientenschutz@vzhh.de.

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